Normalerweise beginnt eine kieferorthopädische Behandlung um das 9.-10. Lebensjahr mit Beginn der 2. Wechselgebissphase, d.h., wenn die Milcheckzähne oder Milchbackenzähne ausfallen und die bleibenden Zähne in diesem Bereich nachkommen. Zu diesem Zeitpunktkann mit Unterstützung des Wachstums die Korrektur von Zahn- und Kieferfehlstellungen meist einfacher erfolgen als nach Beendigung des Zahnwechsels.

Eine erste Beratung sollte jedoch schon um das 6. Lebensjahr erfolgen, um eventuelle Fehlstellungen zu erkennen, die eine Frühbehandlung erforderlich machen.

Kiefer- und Zahnfehlstellungen sowie Fehlfunktionen der Weichgewebe wie Zunge und Muskulatur können sowohl die Atmung, die Sprache und das Kauen beeinträchtigen.Außerdem ist häufig die Zahnpflege erschwert, was die Entstehung von Karies begünstigen kann. Zudem sind auch ästhetische Gesichtspunkte wichtig, da die psychosoziale Entwicklung und das Wohlbefinden durch eine positive, ästhetische Erscheinung günstig beeinflusst werden.

Eine kieferorthopädische Behandlung ist grundsätzlich in jedem Alter auch bei Erwachsenen möglich. Die Art der Therapie ist allerdings vom Alter und bei Erwachsenen vom Zustand des Zahnhalteapparats abhängig. Bei Kindern kann man meist das noch vorhandene Wachstum für die Therapie nutzen, dagegen gibt es bei Erwachsenen andere Behandlungswege. Die Behandlung von Erwachsenen mit nahezu unsichtbaren Behandlungsgeräten ist seit vielen Jahren fester Bestandteil der Kieferorthopädie.

Bei Kleinkindern befriedigt das Daumenlutschen den Saugreflex und beruhigt die Kinder. Besteht diese Lutschgewohnheit über das 3. Lebensjahr hinaus, kann es negative Folgen haben. Die Zähne passen sich dem Daumen an und es entsteht z.B. ein offener Biss oder die oberen Zähne stehen weit vor. Bei rechtzeitigem Abgewöhnen besteht eine Chance zur Selbstausheilung. Besteht das Habit zu lange passen sich nicht nur die Zähne sondern auch der Kiefer an z. B. den Daumen an und eine Spontankorrektur ist dann nicht mehr möglich.

Das Daumenlutschen passiert häufig unbewusst, z.B. bei Müdigkeit oder im Schlaf rutscht der Daumen immer wieder in den Mund. Wenn das Kind alt genug ist, sollte man versuchen ein Bewusstsein für das Problem und seine Folgen zu schaffen. Man kann dann eine positive Verstärkung über Belohnung erreichen, z.B. durch Zeichnen eines Lutschkalenders. Jedes Mal, wenn nicht gelutscht wurde darf das Kind z.B. eine Sonne in den Kalender zeichnen.

Unterstützend kann eine „Mundvorhofplatte“ vom Kieferorthopäden als Ersatz für den Schnuller mitgegeben werden.

Es gibt mehrere verschiedene Arten von unsichtbaren Zahnspangen.

Für leichtere und mittelschwere Fälle sind die sogenannten „Aligner“ z.B. von der Firma Invisalign® eine annähernd unsichtbare Behandlungsmethode. Dies sind durchsichtige Kunststoffschienen die auf die Zähne aufgesetzt werden und die nur bei sehr genauem Hinsehen aus nächster Nähe zu erkennen sind. Die transparenten Aligner bewegen Ihre Zähne Schritt für Schritt mit sanften Kräften zu einem strahlenden Lächeln.

nähere Informationen s. unsichtbare Zahnspange/Invisalign www.invisalign.de

Außerdem gibt es auch innenliegende Bracketsysteme, mit denen Zähne, wie bei einer außenliegenden festen Zahnspange körperlich kontrolliert bewegt werden können. Diese Bracketsysteme sind jedoch sehr aufwändig in der Herstellung und Therapie und bedingen dadurch relativ hohe Kosten, ermöglichen aber eine annähernd unsichtbare Behandlung.

Meistens dauert die Behandlung bei Kindern und Jugendlichen 3-4 Jahre. Geringere Zahnfehlstellungen lassen sich natürlich in kürzeren Zeiträumen korrigieren. Die wichtigste Phase der Behandlung ist die sich an die aktive Zahnbewegung anschließende Stabilisierungsphase. Sonst besteht die Gefahr, dass die Zähne zwar relativ schnell die gewünschte Position erreichen, aber sich fast ebenso schnell wieder zurückbewegen können.

Herausnehmbare Zahnspangen werden zumeist verwendet, um „Kieferfehlstellungen“ bei Kindern in der Wachstumsphase oder weniger ausgeprägte Zahnfehlstellungen zu korrigieren. Sie unterstützen die Nachentwicklung der Kiefer, z.B. durch Vorverlagerung des zurückliegenden Unterkiefers. Manche herausnehmbare Zahnspangen haben die Funktion eines Trainingsgeräts, das die Kiefer und Muskulatur trainiert.

Wenn umfangreiche Zahnbewegungen wie körperliche Bewegungen, Zahndrehungen oder vertikale Zahnbewegungen erforderlich sind, ist eine feste Spange unverzichtbar. Dadurch kann eine genaue Einstellung der Zähne erfolgen, damit diese später wie Schlüssel und Schloss ineinander passen und eine optimale Kaufunktion ermöglichen.

Wenn Ober- und Unterkiefer nicht richtig zusammenpassen und die Zähne schief im Kiefer stehen, sieht das nicht nur unschön aus, es kann auch schwerwiegende Folgen haben. Verschachtelungen und Engstände der Zähne können die Entstehung von Karies und Parodontoseerkrankungen erheblich begünstigen. Ist das Kauen oder Abbeißen gestört, können durch die verminderte Kautätigkeit Magen- und Darmbeschwerden entstehen.

Durch einen falschen Biss können Nacken- und Kiefermuskulatur verspannen, was häufig zu Kopfschmerzen führt. Wenn der Mund offen steht und die Atemluft nicht durch eine korrekte Nasenatmung befeuchtet und angewärmt wird, treten gehäuft Erkältungskrankheiten und Hals-Nasen-Ohren-Probleme auf. Zudem kommt es bei offenem Biss oder ausgeprägten Zahn- und Kieferfehlstellungen häufig zu Sprachstörungen und falschem Schluckmuster.

Viele Studien belegen, dass bei Patienten mit vorstehenden oder nach vorne gekippten Zähnen die Gefahr der Zahnschädigung bei einem Sturz deutlich höher ist als bei gerade stehenden Zähnen. Oft ist aus diesem Grunde eine Frühbehandlung sinnvoll, um die Zahnreihen „sturzsicherer“ zu machen.

Voraussetzung für das Tragen einer festen Zahnspange ist eine gute Mundhygiene. Bei sehr schlechter Mundhygiene kann es im Einzelfall zu Entkalkungen des Zahnschmelzes kommen, die sich durch weißliche Verfärbungen äußern und Risikobereiche für eine spätere Kariesentwicklung darstellen.

Um dieses Risiko einzuschränken bieten wir Ihnen eine Versiegelung des Bereiches, der um das Bracket liegt, an. Diese Versiegelung setzt Fluorid frei und härtet dadurch den Schmelz in diesen besonders anfälligen Bereichen nach.

„KIG“ steht für kieferorthopädische Indikationsgruppen. Seit Januar 2002 muss der Kieferorthopäde/ die Kieferorthopädin nach den kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG) den Befund einstufen: Vor Behandlungsbeginn muss die Kiefer- oder Zahnfehlstellung mit einer Art Notensystem von „1“ bis „5“ nach objektiven nachmessbaren Kriterien beurteilt werden. Die Krankenkassen zahlen erst ab der Einstufung „3“. Die Einteilung der Zahnfehlstellung in KIG „1“ oder „2“ bedeutet nicht, dass eine Behandlung nicht nötig oder nicht sinnvoll wäre! Eine Behandlung ist dann lediglich nach den Kassenrichtlinien nicht bezuschussungsfähig, da die Mittel begrenzt sind und Kosten gespart werden müssen. Die Eltern müssen die Kosten in einem solchen Fall vollständig selbst tragen.

Dabei kann es häufig zu unverständlichen Entscheidungen kommen. Ein Beispiel: Stehen die oberen Schneidezähne eines Kindes um 6,5 mm über die untere Schneidezahnfront hinaus, übernimmt die gesetzliche Versicherung den größten Teil der Kosten. Bei einer immer noch sehr großen Stufe von 6 mm hingegen müssen die Eltern selbst für die gesamten Kosten der Zahnregulierung aufkommen. Die Einstufung der Gebissfehlentwicklung erfolgt nach exakt messbaren Kriterien und wird von den Krankenkassen registriert und vom Gutachter überprüft.

Die gesetzlichen Krankenversicherungen übernehmen bei Patienten bis zum 18. Lebensjahr den größten Teil der Behandlungskosten (Grundversorgung), sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind (KIG-Einstufung).

Für das erste Kind werden derzeit 80% des Kassenanteils sofort übernommen, bei weiteren gleichzeitig behandelten Kindern sogar 90% des Kassenanteils. Die fehlenden 10% oder 20% werden bei erfolgreichem Abschluss der Behandlung zurückerstattet. Außervertragliche Leistungen für eine optimierte kieferorthopädische Behandlung müssen von den Eltern selbst finanziert werden. Dies betrifft auch gewählte Zusatzleistungen, die die Behandlungsdauer verkürzen oder die Behandlung angenehmer machen.

In bestimmten Ausnahmefällen (sehr schwere Kieferfehlstellungen, KIG-Einstufung) werden auch bei Erwachsenen die Kosten für den Kassenanteil durch die gesetzliche Krankenversicherung übernommen. Dies sind dann aber so schwere Fehlstellungen, dass zusätzlich zur kieferorthopädischen Behandlung noch operative Lagekorrektur der Kiefer erfolgen muss.

Nach Vorgabe der gesetzlichen Krankenversicherung – SGB V §12 – muss eine kieferorthopädische Behandlung „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ sein und der Leistungsumfang darf dieses Maß nicht überschreiten. Dies steht im Gegensatz zu einer Behandlung auf aktuellem medizinischem und wissenschaftlichem Kenntnisstand und schließt kariesvorbeugende Maßnahmen wie die Bracketumfeldversiegelung und die Verwendung moderner Materialien zur Verkürzung der Behandlungszeit aus. Wünschen Sie Leistungen, die über dieses Maß hinausgehen und die Behandlung angenehmer, schonender und schneller machen, bieten wir Ihnen diese Leistungen an. Wir beraten Sie gerne persönlich zu diesem Thema.

Grundsätzlich ist es sinnvoll, eine private Zusatzversicherung abzuschließen, jedoch ist nicht jede Versicherung geeignet, da häufig Ausschlusskriterien definiert sind. Eine Orientierung bieten aktuelle Testzeitschriften oder das Internet. Eine solche Versicherung muss jedoch auf jeden Fall vor dem ersten Besuch beim Kieferorthopäden abgeschlossen werden, da diese sonst nichts mehr für die kieferorthopädische Behandlung zahlen.

Häufig kommt es vor, dass eine medizinische Behandlungsnotwendigkeit besteht, der Patient aber nur knapp nicht die Kriterien des KIG-Systems erfüllt und damit keine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse erfolgt. In einem solchen Fall wäre eine private Zusatzversicherung, die dann einspringen würde, sinnvoll.

„Beihilfe“-Versicherte fragen häufig, welche Kosten die Beihilfestelle übernimmt. Leider gibt es auf diese Frage keine eindeutige Antwort. Dadurch kommt es häufig zu Diskussionen und erheblichem Verwaltungsmehraufwand. Bezüglich der Kostenübernahme im kieferorthopädischen Bereich hat sich die Erstattung der Leistungen immer weiter dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen angenähert. Die Unterschiede sind nur noch relativ gering. Die Kostenberechnung der Beihilfepatienten erfolgt nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Leider werden viele Positionen die nach der GOZ „berechnungsfähig“ sind nicht gleichzeitig auch immer als „beihilfefähig“ anerkannt. Über die Zusammenhänge händigen wir Ihnen zusammen mit dem Behandlungsplan ein entsprechendes Informationsblatt aus.

Kann man mit einer festen Zahnspange ein Blasinstrument spielen? In den ersten zwei Wochen ist eine Umgewöhnung erforderlich und es kann zu leichten Irritationen kommen. Danach fühlen sich die meisten Patienten jedoch nicht mehr beim Spielen eines Blasinstruments gestört.

Auch bei der Entfernung der festen Zahnspange ist erneut eine Umgewöhnung erforderlich, die in der Regel aber schneller vonstatten geht.